Dies müssen Unternehmen beachten
In meinem letzten Beitrag in der Ausgabe 01/2024 dieses Magazins habe ich mich primär mit den betriebswirtschaftlichen Aspekten der Nachhaltigkeit beschäftigt. Dabei wurde unter dem Punkt „Nachhaltigkeit in der Unternehmenskommunikation“ auch die „neue“ Nachhaltigkeitsberichterstattung gestreift, die für die meisten großen Unternehmen – im Sinne der Größenklassendefinition des HGB – erstmals für das Geschäftsjahr 2025 Anwendung findet. Wie in diesem Rahmen beschrieben, stellen dabei die einheitlichen europäischen Berichtsstandards, die sogenannte European Sustainability Reporting Standards (ESRS), ein zentrales Element dar, das Unternehmen bei ihren Nachhaltigkeitsberichten zu beachten haben. Dieser Beitrag soll einen exemplarischen Einblick in die neuen Berichtspflichten am Beispiel des Themenstandards ESRS G1 „Unternehmenspolitik“ geben.
Die Berücksichtigung des Themas Governance beziehungsweise Corporate Governance im Handeln und in der Berichterstattung von Unternehmen ist nicht neu. So besteht bereits seit 2002 mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) ein Rahmenwerk zur Governance, das börsennotierte Unternehmen über § 161 AktG verpflichtend zu beachten haben. Der DCGK definiert dabei Corporate Governance als den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens. Der Bereich Governance im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung beziehungsweise die ESRS ergänzen die bereits bestehenden Governance-Berichtspflichten. Die ESRS enthalten zwölf Standards: zwei Querschnittstandards und zehn Themenstandards. Die Themenstandards decken die drei ESG-Themen „Environmental, Social und Governance“ ab und unterteilen sich in fünf Themenstandards zum Environmental, vier zum Social und einem Standard zu Governance. Daneben enthält der Querschnittstandard ESRS 2 „Allgemeine Angaben“ ebenfalls berichtspflichtige Angaben zur Governance. Während der ESRS 2 von allen berichtspflichtigen Unternehmen zu beachten ist, unterliegt der ESRS G1 dem Wesentlichkeitsvorbehalt.
Dieser Beitrag beschränkt sich, wie eingangs erwähnt, auf die Berichtspflichten nach Themenstandard ESRS G1.
Der ESRS G1 „Unternehmenspolitik“ gibt zu Beginn einen Überblick über das Ziel des Standards und sein Zusammenspiel mit anderen ESRS. Die in ESRS G1 enthaltenen Anforderungen sollten in Verbindung mit den Angabepflichten zu Governance (GOV), Strategie (SBM) und Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen (IRO) gelesen werden, die im ESRS 2 vorgesehen sind.
Eine Anlage mit Anwendungsanforderungen rundet schließlich den Standard ab. Die Anlage unterstützt dabei die Anwendung der in ESRS G1 festgelegten Angabepflichten und hat die gleiche bindende Kraft wie die anderen Teile des Standards.
Nachfolgend werden einzelne Angabepflichten exemplarisch dargestellt:
Nach ESRS G1-1 hat das Unternehmen seine Strategien in Bezug auf die Aspekte der Unternehmenspolitik anzugeben und zu erläutern. Hierzu sind beispielsweise die Mechanismen zur Ermittlung, Berichterstattung und Untersuchung von Hinweisen hinsichtlich rechtswidriger Verhaltensweisen und Tätigkeiten, die in Widerspruch zu seinem Verhaltenskodex oder ähnlichen Regeln stehen, zu beschreiben. Auch ist die Berichterstattung interner und/ oder externer Adressaten (Interessenträger) zu berücksichtigen. Ebenso hat das Unternehmen zu beschreiben, wie es Hinweisgeber schützt. Hierzu gehören beispielsweise auch Angaben zu den Vorgehensweisen zum Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen eigener Arbeitnehmer. Wenn das Unternehmen über keine mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption im Einklang stehenden Strategien zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung und/oder über keine Strategien zum Schutz von Hinweisgebern verfügt, so hat es anzugeben und mitzuteilen, ob solche Strategien eingeführt werden sollen und gegebenenfalls einen entsprechenden Zeitplan hierfür zu nennen. Hinsichtlich der Unternehmenskultur können beispielsweise spezifische Anreize oder Instrumente für die eigenen Arbeitskräfte beschrieben werden, um die Unternehmenskultur zu fördern und zu unterstützen.
Im ESRS G1-2 geht es um Informationen hinsichtlich des Managements der Beziehungen zu den Lieferanten und deren Auswirkungen auf die Lieferkette. Hierzu gehört beispielsweise eine Beschreibung der Strategie zur Vermeidung von Zahlungsverzug, insbesondere an kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Auch Informationen darüber, ob und wie soziale und ökologische Kriterien bei der Auswahl der Lieferanten beachtet und wie diese überprüft und bewertet werden, sind zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die Praktiken des Unternehmens gegenüber schutzbedürftigen Lieferanten – also Lieferanten, die erheblichen wirtschaftlichen, ökologischen und/oder sozialen Risiken ausgesetzt sind.
Nach ESRS G1-3 sind Informationen über das System des Unternehmens vorzulegen, mit dem Anschuldigungen oder Vorfälle im Zusammenhang mit Korruption und Bestechung verhindert, aufgedeckt, untersucht und verfolgt werden, einschließlich entsprechender Schulungen. Verfügt das Unternehmen über keine entsprechenden Verfahren, so hat es dies anzugeben und gegebenenfalls seine Pläne für die Einführung solcher Verfahren darzulegen. Hinsichtlich der in dem Bereich der Verhinderung und Aufdeckung von Korruption und Bestechung erforderlichen Schulungen sind beispielsweise Angaben zu Art, Umfang und Tiefe der Schulungsprogramme, die das Unternehmen anbietet oder verlangt, erforderlich. Auch sind Angaben über den Umfang, in dem die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane geschult werden, zu tätigen.
Während in ESRS G1-3 die Verfahren zur Verhinderung und Aufdeckung von Korruption und Bestechung im Vordergrund stehen, sind nach ESRS G1-4 Informationen über Vorfälle von Korruption oder Bestechung während des Berichtzeitraums vorzulegen, um Transparenz zu schaffen. Hier sind beispielsweise die Anzahl der Verurteilungen und die Höhe der Geldstrafen für Verstöße gegen Korruptions- und Bestechungsvorschriften anzugeben.
ESRS G1-5 adressiert Informationen über die Tätigkeiten und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der politischen Einflussnahme des Unternehmens, inklusive seiner Lobbytätigkeiten und deren wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen. Hierzu gehören beispielsweise Angaben über finanzielle oder in Form von Sachleistungen geleistete Zuwendungen an politische Parteien, ihre gewählten Vertreter oder auch an Personen, die ein politisches Amt anstreben. Indirekte politische Zuwendungen, die über zwischengeschaltete Organisationen wie NGOs geleistet werden, die mit bestimmten politischen Parteien oder Anliegen verbunden sind beziehungsweise diese unterstützen, sind ebenfalls anzugeben.
Die Angabepflicht des ESRS G1-6 soll dem Interessenträger Informationen über die Zahlungspraktiken des Unternehmens und Einblicke in seine vertraglichen Zahlungsbedingungen vermitteln, insbesondere in Bezug auf Zahlungsverzug an KMUs. So sind unter anderem Angaben über die durchschnittliche Zeit (in Tagen) erforderlich, die ab dem Zeitpunkt der Zahlungsfrist benötigt werden, um eine Rechnung zu begleichen – oder auch über die Anzahl der anhängigen Gerichtsverfahren wegen Zahlungsverzugs.
Dr. Harald Riedel ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Gründungspartner der PKF Riedel Appel Hornig GmbH und kann auf mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Wirtschaftsprüfung, Steuer- sowie Unternehmensberatung zurückblicken. Er ist Spezialist für die Prüfung und Beratung von Produktions-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen, konzipiert Steuermodelle, führt Unternehmensbewertungen durch und berät bei Strukturmaßnahmen. Dr. Riedel ist Mitglied der Geschäftsleitung der PKF Deutschland GmbH und Mitglied in der Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkammer.
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