Blick von oben auf Mitarbeiter in einem animierten Autostore
News 06.02.2020

AutoStore und SAP EWM: Lagerautomatisierung von der Stange

Seit der Produktivsetzung erster Anlagen Anfang der 2000er Jahre hat AutoStore sich zu einer der gefragtesten Lösungen weltweit für automatische Kleinteilelager entwickelt.

Durch die moderaten Anforderungen an das Gebäude, die hohe Skalierbarkeit von Kapazität und Leistung sowie den vergleichsweise geringen Invest stellt AutoStore aktuell die niedrigste Hürde für den Einstieg in die Automatisierung von Lagerung und Kommissionierung von Kleinteilen nach dem Prinzip Ware-zur-Person dar. Doch ist AutoStore das richtige System für mich?

Ist AutoStore das richtige System für mich?
In Deutschland ist der Drang zur Automatisierung durch die geringe Verfügbarkeit von Logistikflächen, dem Mangel an qualifizierten und bezahlbaren Mitarbeitern sowie den zunehmenden gesetzlichen Anforderungen an den Arbeitsschutz besonders ausgeprägt.

Die hochgradig standardisierte Paketlösung von AutoStore, bestehend aus Grid (Führung der Behälter und Fahrschiene für die Fahrzeuge), Fahrzeugen, Behältern und einer kleinen spezifischen Lagerverwaltungssoftware mit Bestandsverwaltung, Ein- und Auslagerstrategie und Bedienoberfläche suggeriert, dass quasi eine „Maschine“ mit definierter Leistung und Kapazität eingekauft wird, in einer Ecke der Halle installiert und direkt effektiv betrieben werden kann.

Nutze ich AutoStore optimal?
Es stellt sich die Aufgabe, die Fähigkeiten von AutoStore möglichst optimal zu nutzen und das System perfekt in den Gesamtprozess im Lager zu integrieren. Insbesondere sind dabei die Aspekte Produktivität, Durchlaufzeit und Auftragskonsolidierung zu beachten.

Die Einbettung von Autostore in die Gesamtprozesse im Lager erfordert die Integration in das Lagerverwaltungssystem. SAP EWM, das Standard-WMS des Marktführers SAP SE, bietet für die Integration einer Lagerautomatisierung verschiedene Varianten an. Die Materialflusskomponente MFS von SAP EWM ermöglicht eine transparente Steuerung der Lagerautomatisierung mit SAP- und kundeneigener Logik. Im Fall von Autostore muss jedoch darauf geachtet werden, dass sich bei der gewählten Integrationslösung Autostore und SAP EWM optimal ergänzen und nicht redundant oder gar „gegeneinander“ arbeiten. Im Folgenden wird darauf in einzelnen Beispielen eingegangen.

Wie integriere ich AutoStore am besten in meine SAP-Welt?

1. Die Art der Schnittstelle
Je nachdem, ob man AutoStore wie eine isolierte Blackbox oder integriert in den Gesamtprozess nutzen möchte, bietet AutoStore zwei unterschiedliche logische Schnittstellen an:

Das Task Interface gibt AutoStore die lange Leine zur Optimierung der Bestandsauswahl und der Abarbeitungsreihenfolge entsprechend vorgegebener Regeln
Mit dem Bin Interface führt AutoStore exakt die Anweisungen des WMS aus
AutoStore hat über die Jahre umfangreiche Erfahrungen in der Optimierung der Systemleistung und einer mitlaufenden Reorganisation erworben, so dass sich bei SAP EWM als WMS die Nutzung des Task Interface empfiehlt. Unsere Tochtergesellschaft
io-DigitalSolutions stellt sicher, dass die Durchlässigkeit von AutoStore bei Eilaufträgen, die Einhaltung von Sortierreihenfolgen nach Kostenstelle, Auftrag oder Gewichtsklasse durch eine entsprechende Logik in der Versorgung der Schnittstelle gewährleistet werden.

Technisch erfolgt die Kommunikation zwischen SAP EWM und AutoStore auf Basis von TCP/IP im XML-Format via http.

2. Die Bedienoberfläche
Die Prozessabwicklung mit AutoStore, wie z.B. eine Einlagerung oder Entnahme, kann entweder durch die mitgelieferte Software von AutoStore oder durch SAP EWM erfolgen. Möchte man Einfluss auf die Bedienerführung und eine Integration in den Gesamtprozess, z.B. im Rahmen eines Pick & Pack-Prozesses haben, sollte mit Ankunft des Behälters am AutoStore-Arbeitsplatz automatisch der entsprechende EWM-Dialog aufgeschaltet werden und alle bestands- und auftragsrelevanten Buchungen direkt in SAP erfolgen.

3. Die Bestandsverwaltung
Da alle Behälter in AutoStore eine einheitliche Grundfläche und -höhe haben müssen, ist der tatsächliche Füllgrad de facto deutlich geringer (aufgrund der entfallenden Gassen und Ebenen-Abstände) als gegenüber alternativen Systemen erwartet wird. In der Praxis erfordert dies die Definition von Mischbehältern und einen permanenten Reorganisationsprozess zum Verdichten von Anbruchbehältern. Der Ziellagerplatz wird durch AutoStore ermittelt und im Rahmen der Bereitstellung von Behältern zur Aus- oder Einlagerung permanent verändert.
In der Praxis wandern Behälter, wenn sie lange nicht benötigt werden, immer weiter nach unten, während sich Behälter, auf die häufig zugegriffen wird, an der Oberfläche der Behältertürme bewegen. Die Verwaltung des Behälterinhalts durch AutoStore ist nicht erforderlich, bzw. nicht zu empfehlen, da AutoStore nicht alle Bestandsmerkmale von SAP EWM kennt. Alle für die Ein-, Um- und Auslagerstrategien erforderlichen Informationen sind in den jeweiligen Tasks enthalten bzw. ergeben sich durch die Bewegungshäufigkeit der Behälter.

4. Der Einlagerprozess
AutoStore ist ein geschlossenes System und hat aus Platz- und Kostengründen eine limitierte Kapazität. Die Behälter unterliegen enger Toleranzen und dürfen AutoStore nicht verlassen. Bei der Einlagerung ist dies zu beachten. Je nach Material sollte ein Nachschubprozess aus dem Vorratslager zum AutoStore aufgesetzt werden.
Die Einlagerung stellt immer einen Umpackprozess am AutoStore-Arbeitsplatz dar. Die Einlagerung kann in Leerbehälter oder in teilbefüllte Behälter in Form einer permanenten Verdichtung erfolgen.
Um konkurrierende Zugriffe im Rahmen der Kommissionierung zu vermeiden, ist z.B. bei Fehlteilen oder Aktionsware, eine Aufsplittung von Wareneingangsmengen auf mehrere Behälter zu empfehlen.

5. Der Auslagerprozess
Im Rahmen des Auslagerprozesses ist zu beachten, dass AutoStore zur Erreichung der optimalen Leistung unter Berücksichtigung der gewünschten Sortierung der Behälter am Arbeitsplatz einen zeitlichen Vorlauf (man geht hier von ca. 30 Minuten aus) benötigt. In dieser Zeit werden Behälter, auf die längere Zeit nicht zugegriffen wurde, aus den Behälterstapeln „ausgegraben“ (bis zu 24 Behälter stehen übereinander).
Um die Flexibilität in der Auftragsreihenfolge und in der Betriebsart der Arbeitsplätze nicht zu verlieren, muss auf der einen Seite der Auftragsvorrat von AutoStore möglichst klein gehalten werden. Auf der anderen Seite sollte die einmal geplante Auslagerreihenfolge nur in Ausnahmefällen durch Eilaufträge verändert werden. Auch strenge Sortieranforderungen wirken sich negativ auf die Leistung bzw. die zur Erreichung der gewünschten Leistung erforderlichen Anzahl Fahrzeuge von AutoStore aus.

Da der Einfluss aus SAP EWM auf die Bestands- und Auftragsmerkmale sowie die Strategien von AutoStore begrenzt ist, sollte die Auswahl der geeigneten Bestände zur Anlage der Lageraufgaben in SAP EWM liegen. Hier kann abgewogen werden, ob Merkmale wie Charge, FIFO oder Verpackungsmengen relevant bzw. wichtiger als die Systemleistung von AutoStore sind.

Die Zuordnung der Aufträge zu den einzelnen Kommissionierplätzen über Betriebsarten und -zustände kann in SAP EWM und/oder AutoStore erfolgen. Bei Bedarf können in SAP EWM Umplanungen des Auftragsvorrats von AutoStore angefordert werden. Im Worst Case ergibt sich dadurch eine temporäre Reduzierung der Systemleistung.

Der Dialog in EWM, automatisch aufgeschaltet mit Ankunft am Auslagerarbeitsplatz, kann entsprechend der Funktionalität in den manuellen Bereichen ergonomisch gestaltet werden, wie:

Buchen durch Scannen, Voice oder Touch Screen
Anzeige von Fotos der Materialien
Unterstützung der Entnahme aus Mischbehältern durch Ansteuerung von Leuchten
Integration von Zählwaagen und Labeldruckern


6. Die Integration in den Gesamtprozess
Der Erfahrung von io-DigitalSolutions nach ergibt sich ein optimaler logistischer Gesamtprozess nur durch die Integration von AutoStore in das Netzwerk aller Kommissionier-, Verpackungs- und Warenausgangsprozesse.

So kann ein optimaler Pick & Pack-Prozess realisiert werden, der auf einer 2-stufigen Case Calculation (z.B. Pick-HU Karton und Versand-HU Palette) basiert.

Generell ist jedoch ein nachgelagerter Konsolidierungsprozess für das Verpacken und für den Versand vorzusehen. Dieser wirkt sich auf die Auftragsfreigabe und die Priorisierung der Aufträge in den einzelnen Kommissionierbereichen aus. Ziel der Prozessgestaltung sollte die Minimierung der Gesamtdurchlaufzeit und des Konsolidierungsbedarfs sein.

Bei Einsatz von AutoStore sollte auf eine Auslastungsoptimierung der einzelnen Kommissionier- und Pack-Bereiche durch einen Pushprozess (in SAP EWM typischerweise durch das Wellenmanagement umgesetzt) zugunsten eines Pull-Prozesses, der auf einem flexiblen lastabhängigen Personaleinsatz basiert, verzichtet werden.

AutoStore und SAP EWM – doch keine Lagerautomatisierung von der Stange!
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass AutoStore die heute wahrscheinlich niedrigste Hürde für den Einstieg in die Automatisierung der Lagerung und Kommissionierung von Kleinteilen darstellt und damit auch zukünftig eine hohe Verbreitung finden wird – auch weil die Entscheidung für AutoStore häufig nicht nur auf Basis rein wirtschaftlichen, sondern aus auch emotionalen Gründen fällt.

Aber spätestens dann, wenn es darum geht, das neue System wirtschaftlich zu nutzen oder sogar mögliche negative Auswirkungen auf den Gesamtprozess zu vermeiden, sind fundierte Kenntnisse der Strategien, Möglichkeiten und Grenzen von AutoStore in Zusammenspiel mit SAP EWM ein Muss.

In unterschiedlichen Branchen, Märkten, Leistungsklassen und Organisationsformen hat unsere Tochtergesellschaft io-DigitalSolutions gemeinsam mit io-consultants AutoStore konzipiert und in die SAP Welt integriert.

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Nathalie Müller
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