Ein Gespräch mit Andreas Müller, Geschäftsführer der Alois Müller GmbH
Die Fabrik von heute ist im Wandel. Doch wohin gehen die Transformationsprozesse? Tobias Herwig, Business Unit Manager Factory Design bei io, bringt Licht ins Dunkel: In seinem Podcast „Fabrik der Zukunft“ spürt er cleveren Konzepten, smarten Technologien und kühnen Ideen nach, die die Produktionsbedingungen von morgen prägen. Seit Februar 2021 unterhält er sich wöchentlich mit Werkleitern, Fabrikplanern, Produktionsmanagern und anderen spannenden Persönlichkeiten. Er diskutiert mit ihnen über Zukunftsvisionen, Best Practices und den Mut, den es braucht, um die industrielle Revolution zu meistern.
In // plus gibt es den Podcast zum Nachlesen – diesmal mit der Folge #55. Sie ist Teil der Serie Green Factory, bei der Carina Mieth als Co-Host fungiert. Gesprächspartner ist Andreas Müller, Geschäftsführer der Alois Müller GmbH. Er berichtet in dem Gespräch über Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell, den Stellenwert von Energiemanagementsystemen und sinnvolles Quartierdenken in Gewerbegebieten.
Natürlich wollen wir CO2-Neutralität anstreben. Und das nicht nur im Bereich der Produktion, sondern auch in der ganzen Lieferkette, innerhalb der Dienstleistungen, in der Mobilität – bis unsere Produkte beim Kunden sind.
Zum einen schulden wir nachfolgenden Generationen diese Verantwortung. Und zum anderen ist das Thema Nachhaltigkeit heute ein wichtiges Geschäftsmodell. Wenn man wichtige Trends nicht aufgreift, dann ist man schneller vom Markt weg als man denkt. Wir wollen erfolgreich sein – und natürlich unsere Kunden professionell und optimal bedienen. Das geht nur mit ausreichend unternehmerischer Kompetenz.
Ich habe drei kleine Kinder. Da gibt es Schlüsselmomente, wenn ich an die Perspektiven der jungen Leute denke. Ich glaube, dass wir nicht unbedingt an Wohlstand verlieren, wenn wir auf nachhaltige Energie setzen. Wir müssen nur die Technologien konsequent umsetzen. Dann sind sie unter Umständen nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll.
Das Thema Nachhaltigkeit ist sehr umfassend. Wie geht man mit Menschen um? Wie setzt man vernünftig Kapazitäten ein? Wie schauen die neuen Arbeitswelten aus? Auch Ernährung ist ein Thema. Was biete ich meinen Mitarbeitern an? Ändert man gewisse Lebensweisen? Erst müssen wir weniger Energie verbrauchen, indem wir in effiziente Maschinen und Abläufe investieren und flexibler werden. Dann müssen wir hocheffizient die vorhandene Energie nutzen. Dafür braucht es intelligente Systeme oder Softwarelösungen und KI.
Solar- und Windstrom stehen zu gewissen Tageszeiten besser zur Verfügung als zu anderen. Um diese vernünftig zu nutzen, müssen wir Energien flexibel verschieben und Netzwerke schaffen. Insellösungen sind da nicht sinnvoll. Wir haben ein Wärmenetz, ein Kühlwassernetz und ein Mediennetz, über das wir Daten erfassen. Wir wissen immer in Echtzeit, welche Energien unsere großen Verbraucher benötigen. Mithilfe von Wettervorhersagen können wir uns dann gemeinsam organisieren.
Wir denken heute in Quartieren. In Gewerbegebieten macht es Sinn, dass sich mehrere mittelständische Unternehmen verbünden und nicht jeder ausschließlich individuell für sich denkt. Die Abwärme aus unserem Kraftwärmekopplungsprozess zum Beispiel nutzt unser Nachbarbetrieb, die große Kühlwasseranlage nutzen wir gemeinsam. Für maximale Effizienz kann man auch zeitversetzt die Hallen aufheizen oder die Maschinen und Lüftungen kühlen.
Wir wachsen jährlich kontinuierlich und erreichen auch die besseren Kunden, die sich Nachhaltigkeit leisten können, wie ich glaube. Außerdem erreichen wir junge, gute Mitarbeiter, weil wir auf nachhaltige Technologie setzen. Mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell lässt sich leichter Geld verdienen.
Mit regenerativen Energiesystemen beschäftige ich mich schon seit 25 Jahren. Wir können es uns nicht mehr leisten, Energiesysteme einzubauen, die nicht dem entsprechen, was die Welt braucht. Aus meiner Erfahrung muss man die Leute mitnehmen und aufklären, anstatt sie mit dem Thema Energie zu überfahren.
Die Datenerfassung ist mit das Wichtigste – im laufenden Betrieb, auch schon in der Vorplanung. Darum haben wir Dashboards, sodass wir permanent sehen können, wie sich die Hybridanlagen bewegen und wann man eingreifen kann.
Wir setzen vordergründig auf Solarstrom. Dachflächen sehen wir entsprechend als Energieflächen. Dann setzen wir Biomasse als weiteren Energieträger für Wärme ein. Wenn kein Solarstrom vom Dach kommt, nutzen wir grünes Gas über Kraftwärmekopplung. Wir haben Druckluft, die wir mit Grünstrom erzeugen. Und wir betreiben unsere Osmose-Wasseraufbereitungsanlagen. Wir haben einen großen 150 kWh-Elektrospeicher sowie einen Wärme- und Kältespeicher. Hauptträger ist unsere Gebäudetechnik, was man nicht unterschätzen darf: Sie macht oftmals 30 bis 40 Prozent der gesamten Energie aus. Und dann haben wir große Verbraucher wie Lackieranlagen. Den großen Laser kühlen wir mit geothermischem Grundwasser. Dazu kommen dann noch die Absauganlagen von der Schweißtechnik und die Beleuchtung der insgesamt 15.000 Quadratmeter. Für letztere haben wir Lichtsteuerungssysteme, also Präsenzmelder.
Zunächst haben wir auf Effizienz geachtet. Dann haben wir zusätzliche Energieampeln im Unternehmen, die den aktuellen Modus der Fabrik zeigen, sprich: ob Energieüberschuss besteht. Eine 100-Prozent-Lösung ist sehr intensiv. Da brauchen wir wahrscheinlich noch weitere Technologieentwicklungen.
Ja, in Form von Wärme. Wir haben einen 100 Kubikmeter großen Puffertank. An den Wochenenden wandeln wir überschüssigen Solarstrom um, damit wir ihn an Wochentagen nutzen können. Auch in Form einer Betonkernaktivierung oder den Flächenheizungssystemen speichern wir Energie.
Ohne Energiemanagementsysteme wird keine Fabrik mehr funktionieren. Je volatiler der Strom wird, desto wichtiger werden sie. Man muss sie daher frühzeitig in die Planung einbeziehen. Wir erzeugen in Bestandsgebäuden einen digitalen Zwilling, um die Ist-Situation in Produktion, Gebäudetechnik und Erzeugung aufzuzeigen, sodass wir das eigentliche Ziel schon am Anfang definieren können.
Ich denke, es fehlen die Kapazitäten im Engineering und in der Beratung. Experten und Teams, die über ein zusammenhängendes Know-how in Mobilität, Gebäudetechnik und Produktionstechnik verfügen, trifft man selten an.
Wir wollen das grüne Gras durch Wasserstoff ersetzen. Dann glaube ich, dass die Energiemanagementsysteme noch besser werden, durch KI, Wettervorhersagen und Produktionsdaten. Auch in Sachen Kantinenverpflegung, Mitarbeiter, Verpackung, Holzbau et cetera wollen wir effizienter und nachhaltiger werden.
Erhalten Sie Einblicke in Best Practices, interessante Kunden und Projekte sowie branchenübergreifende Zukunftstrends.
Dem Fachkräftemangel begegnen - Logistik der nächsten Generation für Weidmüller
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