Dr. Harald Riedel über betriebswirtschaftliche Nachhaltigkeitsaspekte
Laut dem von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung 1987 veröffentlichten Brundtland-Bericht „Unsere gemeinsame Zukunft“ kann Nachhaltigkeit verstanden werden als eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) versteht Nachhaltigkeitsrisiken als Ereignisse oder Bedingungen aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung (Environmental, Social and Governance, kurz: ESG), deren Eintreten tatsächlich oder potenziell negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Reputation von Unternehmen haben können.
Als Beispiele für ESG nennt die BaFin u.a. auch Steuerehrlichkeit, Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption oder die Einhaltung anerkannter Standards sowie die Einhaltung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Die Facetten, unter denen man das Thema Nachhaltigkeit betrachten kann, sind demnach vielfältig. Hier einige Beispiele aus Unternehmenssicht:
Dr. Harald Riedel ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Gründungspartner der PKF Riedel Appel Hornig GmbH und kann auf mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Wirtschaftsprüfung, Steuer- sowie Unternehmensberatung zurückblicken. Er ist Spezialist für die Prüfung und Beratung von Produktions-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen, konzipiert Steuermodelle, führt Unternehmensbewertungen durch und berät bei Strukturmaßnahmen. Dr. Riedel ist Mitglied der Geschäftsleitung der PKF Deutschland GmbH und Mitglied in der Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkammer.
Dr. Harald Riedel hilft Ihnen gerne weiter:
Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind:
Seine Branchenschwerpunkte sind:
Nachhaltigkeit ist aus dem Zielsystem von Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Wer ihr keine Beachtung schenkt, wird langfristig nicht profitabel wirtschaften können. Parallel können Nachhaltigkeitsziele nur erfüllt werden, wenn Unternehmen profitabel arbeiten.
Dabei kann es durchaus zu Zielkonflikten kommen. Dann etwa, wenn Umweltschutzmaßnahmen Aufwendungen verursachen, die am Markt nicht weitergegeben werden können. Es kann aber auch Zielkomplementarität bestehen, wenn beispielsweise eine Energienachfrage auf Grundlage von erneuerbaren Energien niedrigere Energiepreise erzeugt als solche auf Grundlage fossiler Brennstoffe.
Denkbar wäre auch, dass ein Unternehmen mit nachhaltigen Bio-Produkten vergleichsweise höhere Gewinnspannen erzielt. Außerdem können durch Online-Meetings anstelle von Präsenztreffen einerseits Reisekosten gesenkt werden und andererseits dient eine geminderte Reisetätigkeit auch dem Umweltschutz und damit der Nachhaltigkeit. So verbessern beispielsweise Videokonferenzen die Umweltbilanz von Unternehmen und fördern deren Profitabilität.
Die rasante Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich der Nachhaltigkeit wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung oder das Lieferkettengesetz sowie auch die Erwartungshaltungen der Stakeholder sorgen dafür, dass Unternehmen sich dem Thema Nachhaltigkeit stellen müssen – und ein Transformationsprozess stattfinden wird. Ohne Verfolgung der Nachhaltigkeitsziele wird ein Unternehmen langfristig nicht am Markt existieren.
Bisher wurde in § 289b f. HGB eine Nachhaltigkeitsberichterstattung als nichtfinanzielle Erklärung im Lagebericht für bestimmte Unternehmen verpflichtend gefordert. Diese wird aufgrund einer EU-Richtlinie erheblich erweitert und ist als Nachhaltigkeitsberichterstattung beziehungsweise Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gegenwärtig in aller Munde. Hierdurch wird auch der Anwendungsbereich deutlich erweitert. Waren bislang nur schätzungsweise rund 500 Unternehmen in Deutschland von der nichtfinanziellen Erklärung betroffen, sollen nach Schätzung des „Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee“ (DRSC) künftig wohl etwa 15.000 Unternehmen in Deutschland betroffen sein. Für die meisten großen Unternehmen wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung erstmals für das Geschäftsjahr 2025 Anwendung finden, über das dann in 2026 berichtet werden muss.
Inhaltlich soll die Nachhaltigkeitsberichterstattung sowohl die Wirkungen des Umfelds auf das Unternehmen (Outside-In-Perspektive) als auch die Auswirkungen des Unternehmens auf sein Umfeld (In- side-Out-Perspektive) abdecken. Ein zentrales Element der novellierten CSRD sind einheitliche europäische Berichtsstandards, die Unternehmen bei der Erstellung ihrer Berichte anwenden müssen. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) werden als delegierte Rechtsakte durch die Europäische Kommission verabschiedet und damit in geltendes Recht überführt.
Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist auch die EU-Taxonomieverordnung (mit Übergangsfristen) zu berücksichtigen. Dabei haben Unternehmer unter anderem zu berichten, welche Anteile an Investitionsausgaben (Capex), Betriebsausgaben (Opex) und Umsatzerlösen einen wesentlichen Beitrag zu ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten entsprechend der Taxonomie liefern. Prüfungspflichtige Unternehmen müssen diese Angaben regelmäßig von ihrem Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung (implizit) testieren lassen. Betroffenen Unternehmen sei empfohlen, sich frühzeitig mit der Thematik zu beschäftigen und bei Bedarf externe Expertise einzuholen.
In Zukunft wird Nachhaltigkeit in der Werbung eine immer größere Rolle spielen, um das Image des Unternehmens in der Öffentlichkeit, den Absatz und die Gewinnspanne der Produkte sowie die Kundenbeziehungen zu optimieren. Nachhaltigkeit in der Werbung kann sich dabei auf die Darstellung des Unternehmens als Ganzes beziehen oder auch auf das einzelne Produkt selbst (z.B. „die Verpackung dieses Produkts besteht zu x Prozent aus recycelbaren Materialien“, „Verpackung enthält x Prozent weniger Plastik“), sie kann die Transparenz über die Lieferkette hervorheben (z.B. anhand der Herkunft von Lebensmitteln, „Lebensmittel aus der Region“). Doch auch Werbeslogans sollen Nachhaltigkeit vermitteln – siehe „100% Whopper – 0% Beef“ (Burger King), „One planet – one health“ (Danone), „Gut für mich, gut für die Umwelt“ (SodaStream) oder „Pure Nature. Perfect Balance“ (Primavera).
Der Einsatz von Nachhaltigkeit in der Werbung kann jedoch auch kontraproduktiv wirken. Ein prominentes Beispiel hierfür ist der Goldene Geier, ein jährlich von der Deutschen Umwelthilfe verliehener (Schmäh-) Preis für die „dreisteste Umweltlüge“.
In diesem Zusammenhang steht auch der Begriff des Greenwashings. Er wird meist als Irreführung über Umweltpraktiken eines Unternehmens oder Umweltvorteile eines Produkts oder einer Dienstleistung verstanden. Greenwashing kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Beispielsweise wurde DWS, eine Fondstochter der Deutschen Bank, wegen nicht ausreichender Geldwäschekontrollen und Falschangaben zu grünen Kapitalanlagen im Herbst vergangenen Jahres von der US-Börsenaufsicht SEC zu einer Strafzahlung von 25 Millionen US-Dollar verurteilt.
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) trat am 5.1.2023 in Kraft. Gegenüber der bisherigen Regelung nach § 289b HGB erweitert die CSRD den Anwendungsbereich und den Umfang der Berichterstattung deutlich.
Sie betrifft u.a.:
Die EU-Taxonomieverordnung – offiziell: Verordnung (EU) 2020/852 – trat am 1.1.2022 in Kraft. Sie unterstützt den Europäischen Green Deal, indem sie Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten definiert. Sie gilt als wichtiger Schritt zur Förderung von Investitionen in nachhaltige Projekte – und beeinflusst die EU-Offenlegungsverordnung.
Die EU-Taxonomieverordnung enthält eine Berichtspflicht: Finanzmarktteilnehmer müssen über den Anteil an ökologisch nachhaltigen Investitionen in ihrem Portfolio Auskunft geben. Unternehmen, die zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD angehalten sind, müssen ebenfalls über ihre nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten berichten.
Wie Unternehmen Nachhaltigkeit konkret umsetzen hängt von vielen Faktoren ab, wie beispielsweise...
Hierzu siehe insbesondere oben unter „Nachhaltigkeit im Zielsystem des Unternehmens“. Das Nachhaltigkeitsziel dürfte beeinflusst sein von der Frage, wie es zum einen die Profitabilität eines Unternehmens fördert – und zum anderen ob es „nur“ aufgrund gesetzlicher oder gesellschaftlicher Verpflichtungen erfüllt wird und schließlich ob es verfolgt wird, weil das Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung übernehmen möchte.
Für ein Dienstleistungsunternehmen ergeben sich andere Maßnahmen und Handlungserfordernisse als für ein Industrieunternehmen, für ein Chemieunternehmen wiederum andere als für ein Automobilunternehmen. Ein Dienstleistungsunternehmen wird auch eher die Aspekte Social und Governance im Blick haben, während Industrieunternehmen einen stärkeren Fokus auf Environment haben werden.
Je nach Branche, Unternehmensgröße und anderen Faktoren ergeben sich bereits aus den rechtlichen Anforderungen umfassende Handlungserfordernisse hinsichtlich Nachhaltigkeit. So ist zum Beispiel an das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zu denken. Betroffene Unternehmen sind verpflichtet, in ihren Lieferketten die im LkSG festgelegten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten – mit dem Ziel, menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen, sie zu minimieren oder die Verletzung menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu beenden (§ 3 Abs. 1 S. 1 LkSG). Die Sorgfaltspflichten enthalten dabei neben der Dokumentation und Berichterstattung beispielsweise die Einrichtung eines Risikomanagements, die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen, die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern, das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen oder die Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern.
Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele wird natürlich auch durch die finanziellen Ressourcen des Unternehmens sowie Kosten-/ Nutzen-Überlegungen limitiert. Andererseits kann die Beschaffung von Kapital auch die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen erfordern, wenn Stakeholder Nachhaltigkeitsaspekte künftig verstärkt bei der Vergabe von Kapital berücksichtigen.
Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsthemen ist auch von der vorliegenden Infrastruktur abhängig. Dies ist am Beispiel des Elektroautos leicht ersichtlich: Die Anschaffung von Elektroautos anstelle von Verbrennern setzt unter anderem eine entsprechende Ladeinfrastruktur voraus – und genügend verfügbare Energie zum Laden.
Erhalten Sie Einblicke in Best Practices, interessante Kunden und Projekte sowie branchenübergreifende Zukunftstrends.
Dem Fachkräftemangel begegnen - Logistik der nächsten Generation für Weidmüller
Erhalten Sie Einblicke in Best Practices, interessante Kunden und Projekte sowie branchenübergreifende Zukunftstrends.
Dem Fachkräftemangel begegnen - Logistik der nächsten Generation für Weidmüller